An vielen Stellen von Seligenstadt entstanden, entstehen und sind geplant: Gebäude, die nicht in unser liebens- und lebenswertes Stadtbild passen.

Es fehlt ein Stadtentwicklungsplan. Bauträger und Investoren haben das Zepter in die Hand genommen. Die vorgeschlagene Bahnhofsgeländebebauung brachte das Fass zum Überlaufen.

Wir sind unabhängige Bürger und setzen uns, zusammen mit anderen Vereinen, für die Erhaltung unseres Stadtbildes ein.


Wir fordern:
- einen Stadtentwicklungsplan mit Handlungskonzept für Seligenstadt
- die vorgezogene Bürgerbeteiligung bei jeder Art von Bauleitplanung
- behutsamen Umgang mit dem Stadtbild, dem baulichen Erbe früherer Generationen
- keine vorhabenbezogenen Bebauungspläne, die nur der Gewinnoptimierung dienen
- eine Baumschutzsatzung für unsere Stadt

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Informieren Sie sich zum politischen Betrieb in unserer Stadt im Ratsinfo (link)


Sonntag, 10. Juni 2012

"Eine letzte Chance" von Franz Preuschoff


Eine letzte Chance?

Es ist nie falsch, den Staat und die Kommunen, ja überhaupt jedermann zum sparsamen
Umgang mit Geld aufzurufen. Andererseits ist es aber ein Totschlagargument, jedes
Nachdenken über Ziele damit zu ersticken, dass auf die Knappheit der Mittel hingewiesen
wird.
Und in Seligenstadt muss, oder sollte zumindest, darüber nachgedacht werden, wie es
mit dem Gemeinwesen in der näheren, aber auch weiteren Zukunft weitergehen soll?
Andernorts nennt man das die Erarbeitung eines Leitbildes. Es ist die Frage, ob sich die
Gemeinde überwiegend zu einer Schlafstadt, allenfalls mit eisschleckenden Tagestouristen,
entwickelt oder doch dem Anspruch eines gehobenen Mittelzentrums gerecht werden will.
Die dank vorangegangener anerkennenswerter Anstrengungen so schöne Altstadt alleine
als Schauobjekt genügt da nicht. Zur Anziehungskraft, d.h. ihrer Wirkung ins Land hinein,
gehört nicht nur Folklore, sondern ein insgesamt anziehendes Stadtbild und – wie das Beispiel
Aschaffenburg zeigt – ein überdurchschnittliches kulturelles Leben und die dazu passende
Infrastruktur.

Die Pflege des Stadtbildes auch außerhalb des schönen historischen Kerns kommt da
immer noch zu kurz, mit einzelnen geradezu verschandelnden Bauten, wie bereits in einem
früheren Leserbrief angesprochen. Positive Beispiele sind allerdings auch zu nennen, so
der Verkehrskreisel an der Aschaffenburger Straße mit dem Zitat eines Tores und das
neue Amtsgericht oder der Verkehrskreisel mit dem Umfeld am Zusammentreffen von
Steinheimer- und Ellenseestraße.

Nun ist Seligenstadt ja nicht nur im historischen Kern baulich „verdichtet“ – um ein zurzeit
umlaufendes Schlagwort aufzugreifen – sondern auch in den Baugebieten zunächst der
Nachkriegsjahre, aber auch noch in unseren Tagen. Da muss dann noch „Luft“ im wörtlichen
Sinn bleiben, müssen gewissermaßen städtische Ausgleichsflächen bestehen bleiben oder
geschaffen werden. Deshalb ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass sich die Auffassung
durchzusetzen scheint, das Areal an Bleiche, Jahnsportplatz bis zum Stadtwerkegelände nicht
mit einer Bebauung zuzustopfen, sei es mit einem Supermarkt, sei es mit Wohnbebauung.

Es gehört gar nicht viel Phantasie dazu sich vorzustellen, welche Aufwertung für die ganze
Stadt eine landschaftsarchitektonisch gestaltete Erholungsfläche dort bedeuten würde, gar
noch mit einem wieder geöffneten und reaktivierten Bachlauf. Da trifft es sich gut, dass es
dafür – wie man hören konnte – Landesmittel sowie ökologische Ausgleichspunkte für den
weiteren Ausbau der Umgehungsstraße gibt. Bei den Überlegungen in dieser Richtung, die
wohl gottlob nicht nur in einer Fraktion der Stadtverordnetenversammlung angestellt werden,
bleibt ein Punkt, der zu einer kritischen Anmerkung Anlass gibt:

Es ist davon die Rede, dass auf dem ehemaligen Stadtwerkegelände die Mainfront, auf
der zurzeit noch das verfallende Werksgebäude steht, Wohnbebauung zum Zwecke der
Finanzierung zugelassen werden soll. Bei allen Diskussionen darüber fällt auf, dass die
sich zu Wort Meldenden immer nur das Gelände mit Blickrichtung von der Steinheimer
Straße her sehen. Der Main liegt bei dieser Betrachtungsweise „hinten“. Das ist aber falsch.
Die echte „Vorderseite“ erschließt sich bei einer Sicht vom Fluss her. Selbst das dort noch
befindliche ehemalige Werksgebäude vermittelt eine Ahnung davon, wie ein öffentlich
nutzbares Gebäude eines gehobenen Zwecks wirken könnte. Und ein solcher Raum, nicht
luxuriös - d.h. kein Marmorpalast, aber durchaus repräsentativ – fehlt in Seligenstadt. In
seiner Wirkung dem Rathaussaal vergleichbar, aber mindestens gut doppelt so groß. Um nicht
missverstanden zu werden: Es geht dabei nicht etwa um einen ausschließlichen Sitzungssaal
für die Stadtverordnetenversammlung, gelegentlich mit dem etwas hochgegriffenen Ausdruck „Plenarsaal“ belegt. Allerdings wäre es eine begrüßenswerte Nebenwirkung, wenn
nach einer Reihe anderer Nutzungen die Stadtverordnetenversammlung einen angemessenen Tagungsort fände. Das Feuerwehrhaus ist das nicht. Es geht auch nicht in erster Linie für eine kulturelle Nutzung im engeren Sinne, welchen Eindruck der Bericht über eine kürzlich stattgefundene Veranstaltung vermuten lässt. Ein solcher Gebrauch wäre allerdings auch nicht ausgeschlossen.

Ein entsprechender Bau am Main hätte nicht nur einem in der Stadt anfallenden Eigenbedarf
zu dienen, sondern könnte Tagungen, Empfänge, Seminare von auswärts anziehen.
Gleichwohl soll nicht unerwähnt bleiben, dass bei der Verschwisterung mit Piedimonte
Matese nach Hörensagen Teilnehmer der Veranstaltung sich im Rathaus haben mit dem
Treppenhaus begnügen müssen. Es gibt auch lokalen Bedarf, wie zum Beispiel bei der
Verleihung des international beachteten Einhardpreises für Biographie. Das bei einem solchen
Ereignis mit Gästen von weither unverzichtbare Bankett muss bislang auswärts stattfinden.

Seit über einem halben Jahrhundert wird in der Stadt von Tourismusförderung
gesprochen, wobei dieser Ausdruck nur unzureichend das Ziel angibt. Damit kann nicht
nur die Gewinnung von Speiseeisverzehrenden und Festzugsbetrachtern gemeint sein.
Premiumsegment ist dabei ein neudeutsches Schlagwort. Dass sich dann auch die Frage der
Hotelkapazität stellt, sei nur am Rande angemerkt.
Jeder Veranstalter weiß, dass zur erfolgreichen Durchführung seines Vorhabens das Umfeld,
das Ambiente gehört, innen und außen. Dabei ist die Lage an einem Fluss oder einem See
einfach unschlagbar. Bei einer Wohnbebauung - so schön das für die Bewohner sein mag -
dieses letzten freien Uferstücks wäre die Chance für eine entsprechende allgemeine Nutzung
ein für allemal dahin.

Zwangsläufig kommt da der Einwand der Finanzierbarkeit. Das ist aber bei jeder größeren
Infrastrukturmaßnahme der Fall. Darüber muss dann nachgedacht, müssen Alternativen der
Trägerschaft, eventuelle Partner gesucht werden. Vor allem dürfen nicht vorschnell nicht
mehr revidierbare Fakten geschaffen werden. Dabei sollten dann auch keine Illusionen
darüber bestehen, dass die Entgelte für die Nutzung nach Marktpreisen kalkuliert werden
müssen. Die Nutzung eines entsprechenden Raumes hat auch seinen entsprechenden Preis.
Das funktioniert auch andernorts. Ein Patenrezept dafür kann hier nicht ausgestellt werden.
Man sollte sich aber die Zeit zu einer gründlichen Prüfung nehmen.
Es gibt Chancen, die nie wiederkehren, wenn man sie vorübergehen lässt.

Franz Preuschoff
08.08.2011

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